Stadtwohnen. Zurück in die Stadt!

Der Geschosswohnungsbau ist zurück

Markant: Fassade in der Hamburger Hafencity
Futuristisch: Architektur am Düsseldorfer Medienhafen (Bilder: pixelio.de)

In nahezu allen deutschen Großstädten erobert sich der Geschosswohnungsbau neuen Raum. Insbesondere in Citylagen oder ehemaligen Hafenanlagen sind Eigentumswohnungen in mehrgeschossiger Bauweise zum Trend geworden. Oft entstehen stylische Neubauten in geschlossen urbanen Stadtlandschaften, in durch Kriegseinwirkungen entstanden Lücken oder auf industriellen Brachflächen und treiben somit die Aufwertung der Stadt voran. Die Wiederentdeckung alter Flussläufe - insbesondere auch in Leipzig - wird diesen Trend noch verstärken.

Die Tendenz  „zurück in die Stadt“ lässt sich zwischenzeitlich an erhöhter Wohnungsnachfrage und steigenden Immobilienpreisen ablesen. Die weltweite Finanzkrise und die Angst um das Ersparte hat das Interesse an eigengenutzten Immobilien neu entfacht. In Zeiten eines historischen Zinstiefs und vor dem Hintergrund steigender Staatsverschuldung gewinnt das sogenannte „Betongold“ neue Akzeptanz. In Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg oder München wachsen ganze Stadtteile mit markanten Architektenbauten in moderner Formensprache in die Höhe. Das Wohnen auf der Etage als Eigentumsform ist wieder in.

Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in guten bis sehr guten Lagen steigen in allen deutschen Großstädten. Führende Wirtschaftsexperten und namhafte Studien zu den Immobilienmärkten belegen, die Trennlinie zwischen Gewinnern und Verlierern verläuft nicht mehr zwischen Ost und West, sondern zwischen Stadt und Land.

Auch in Leipzig bedingen steigende Einwohnerzahlen und moderne Wohnansprüche Neubauprojekte im Geschosswohnungsbau. Der Traum vom eigenen Haus ist auf dem Rückzug, der eigene Garten verliert an Bedeutung. Die urbane Generation bevorzugt kurze Wege und will Kindergarten, Kultur, Parks und andere Vorteile städtischen Lebens direkt um die Ecke. In vielen Haushalten setzt der Verzicht auf das eigene Auto neue finanzielle Spielräume frei.

Gefragt sind große Wohnungen, nicht unter 100 Quadratmetern mit vier oder fünf Zimmern für Familien, Paare oder Singles als Wohneigentum. Neue technische Anforderungen, Trends in Innengestaltung und Design lassen sich oft nur schwer in Mietwohnungen umsetzen. Die Bereitschaft der Nutzer steigt, für das Gut Wohnen mehr Geld auszugeben.

Modern: Geschosswohnungsbau in Leipzig (Bild: Mathias Uhlig)

Auch ältere Menschen zieht es vermehrt zurück in die Stadt. Die steigendende Überalterung unserer Gesellschaft und der Wunsch nach selbstbestimmtem Wohnen bis ins hohe Alter macht Wohnungsneubau unumgänglich. Oft verkaufen Rentner sogar ihr Einfamilienhaus im Umland, um sich den Traum von der Stadtwohnung als Ruhesitz zu verwirklichen. Und die Generation 50plus sucht nach gehobenem Wohnen. Oft gilt es, die Wünsche nach Lift, Tiefgarage, großen Sonnenterrassen und großzügigen, offenen Wohnflächen gleichzeitig zu erfüllen - Anforderungen, welche in der gründerzeitlich geprägten Stadtlandschaft Leipzigs mit ihren Denkmalgeschützen Bauten nicht einfach zu bedienen sind. Nur selten können barrierefreie Wohnkonzepte im Altbau umgesetzt werden.

Im Gegensatz zu westdeutschen Großstädten sind in Berlin, Dresden und Leipzig innerstädtische Baugrundstücke für mehrgeschossigen Wohnungsbau in Top-Lagen noch vorhanden. Die stagnierende Entwicklung im privaten Wohnungsbau nach dem Zweiten Weltkrieg, ungeklärte Eigentumsverhältnisse in den 90er Jahren und staatliche Förderung der Denkmalsanierung haben brachliegende Baugrundstücke inmitten der gründerzeitlichen Stadtlandschaft konserviert.

Zudem sprechen ökologische Aspekte für den Neubau von Geschosswohnungen. Der voranschreitende Klimawandel zieht immer schärfere Regeln beim Energieverbrauch nach sich. Altbau und Energieeffizienz sind jedoch nur selten in ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu bringen. Moderne Neubauten mit alternativen Energiekonzepten wie beispielsweise Erdwärme sind auf dem Vormarsch. Fußbodenheizung und Klimaanlagen entwickeln sich allmählich zu Standards im Wohnungsbau. Weiterhin werden  Flächenverbrauch und Zersiedelung der Landschaft aufgehalten oder durch Revitalisierung  sogar zurückgedrängt. Zudem sind sowohl Herstellungs- als auch Betriebskosten in der Regel geringer als bei anderen, flächenintensiveren Bautypen.

Unser Neubauprojekt in der Kantstraße 43

Weiter sprechen sozialpolitische Aspekte für den Geschosswohnungsbau. Unter städtebaulichen Aspekten muss heute auch die Frage gestellt werden, ob Stadthäuser in großstädtisch geprägten und historisch gewachsenen Wohnvierteln - wie beispielsweise dem Musik-Viertel in Leipzig - auf lange Sicht sozialpolitisch verantwortbar ist. Letztlich wurde hier hochwertiger Wohnraum in innerstädtischer Lage für kommende Generationen vernichtet.

Jan Hilpert

 

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